17 Januar 2007
Wir fahr'n takushi
Wenn Thomas das Auto hat und Jakob und ich irgendwo hin müssen, gönnen wir uns den Luxus des Taxifahrens.
Schon beim zweiten Anruf in der Taxizentrale reichte es, nur noch meinen Namen zu sagen, die wußten sofort, wohin sie das Taxi schicken mußten - das ist der Vorteil daran, einer der wenigen Ausländer in einer kleinen Stadt zu sein.
Leider wissen aber noch nicht alle Taxifahrer dieser Zentrale, wo wir wohnen. Und obwohl inzwischen viele ein Navigationssystem haben oder zumindest regelmäßigen Telefonkontakt mit der über einen genauen Stadtplan verfügenden Zentrale, können die Anfahrtszeiten schon recht unterschiedlich sein.
Denn es gibt ja hier weder Straßennamen noch entlang der Straße durchnummerierte Häuser, vielmehr sind die Stadtviertel in Unterviertel und diese in Unterunterviertel aufgeteilt, alles in der Reihenfolge der Bebauung; größere Siedlungen und manchmal auch einzelne Häuser haben eigene Namen. Es ist fast unmöglich, alle Teile einer Stadt nach Adressen zu kennen, und ebenso, eine angegebene Adresse auf Anhieb zu finden.
So kann es zwar sein, daß man noch eilig am Schuhe-Anziehen ist, wenn der Fahrer schon die Tür öffnet, aber auch, daß man voll Vorfreude (Jakob: "Taxi gehn!") ewig an der Straße steht. Der Fahrer gestern kannte sich in unserem Viertel offensichtlich besonders wenig aus: Von da, wo wir standen, konnte ich ihn langsam alle Parallelstraßen abfahren sehen, bis er sich schließlich zu uns vorgearbeitet hatte - und froh war, daß wir vor dem Haus standen, denn es steht ja an den Häusern selbst auch nirgends eine Adresse.
Am besten gefällt mir beim Taxifahren hier immer das Ein- und Aussteigen (immer hinten links), denn der Fahrer öffnet einem automatisch die Tür - und schließt sie hinter einem auch wieder, also bloß nicht nach dem Türgriff greifen und sie schließen wollen, das gehört sich nicht!
Wenn man sich dann auf den stets mit weißen Spitzenüberzügen bedeckten Sitzen zurechtgesetzt hat, kann man die an die Rückseite der vorderen Kopfstütze geklebten Informationen zum Fahrer selbst (der übrigens immer Jackett, Krawatte und weiße Handschuhe trägt) studieren: Paßfoto, Name, Alter, Taxinummer etc, bei dem gestern waren sogar sein Tierkreiszeichen (nach dem chinesischen Kalender) und die Blutgruppe angegeben. Nicht etwa, damit bei einem Unfall schnell die passende Blutkonserve beschafft werden kann, sondern weil hier die Blutgruppe häufig mit Charaktereigenschaften in Zusammenhang gebracht wird, etwa wie bei uns die Sternzeichen:
Der gestrige Fahrer hatte jedenfalls auch die Gruppe O - also ein Individualist und Anführer, und er unterschied sich auch insofern tatsächlich von den meisten anderen Fahrern, daß er die ganze Strecke über freundlich und interessiert mit mir schwatzte (und mein Japanisch lobte, das tat gut!), während die Fahrer sonst meist schweigen, wohl weil sie kein Englisch können und Ausländer ihnen eher unheimlich sind."So handelt es sich bei Menschen mit Blutgruppe A um reservierte, pünktliche und regelkonforme Personen, während solche mit Blutgruppe 0 eher aufgeschlossen und individualistisch seien - A ist sowohl in Japan als auch in Deutschland der häufigste Typ, während 0 in den USA die größte Gruppe darstellt. Interessanterweise hatten jedoch 60% aller japanischen Premierminister die Blutgruppe 0. Die Menschen mit
Blutgruppe B sollen ausgesprochen kreativ sein. Angeblich sollen Köche mit Blutgruppe B besonders gute Fähigkeiten in ihrem Metier besitzen, und so gibt es Restaurantführer, die die Blutgruppe des Küchenchefs thematisieren. Die Blutgruppe AB, der u. a. ein kühler Verstand zugeschrieben wird, gilt als bisher am wenigsten verstanden." (zitiert nach Wikipedia)Woanders heißt es:
A "Bauern": umsichtige Menschen, die Planung mögen, hart arbeiten und loyal, konservativ und kompromisslos sind.
B "Jäger": unabhängig, liberal und kontaktfreudig. Vielfältige Hobbies und Interessen.
0 "Krieger": Anführer und Organisatoren. Obwohl populär und kontaktfreudig, können sie auch arrogant und egoistisch sein.
AB "Humanisten": effizient und rational, aber auch schüchtern und hochnäsig.
Wenn man dann angekommen ist, zahlt man (knapp 1000 Yen für die 10 min ins Stadtzentrum, ca. 6,40 Euro), gibt grundsätzlich kein Trinkgeld (gibt es hier nicht), wartet, bis die Tür aufschwingt und wirft diese nach dem Aussteigen auf keinen Fall selbst zu - der Fahrer macht das schon.
Mit Jakob wird das Taxifahren aber zunehmend schwierig, denn er will immer die gelben; wenn man also wie gestern auf dem Rückweg in das zuvorderst in der Reihe stehende schwarze Taxi steigt (in den Augen des Fahrers meine ich immer schon von weitem lesen zu können "Oh je, eine Ausländerin, hoffentlich geht die vorbei und will nicht einsteigen!"), dann gibt es garantiert erst mal ein großes Geschrei, weil drei Plätze weiter hinten ein gelbes steht. Kann man halt nix machen.
* Die obigen Bilder zu diesem Eintrag sind übrigens aus Tokyo, ich hatte keine von hier. Aber die Taxis sehen hier genau so aus, immer das gleiche, ein wenig klobige Modell.
Und hier habe ich dann doch noch eines erwischt.
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