30 August 2006

 

Tottori

Innerhalb der letzten zwei Tage habe ich Japans Hauptinsel zweimal fast in ganzer Länge durchquert – das ist ganz schön weit, Mannomann. Japan sieht klein und futzelig aus, aber es ist unglaublich lang. Per Shinkansen und Flugzeug bin ich über 1000 km nach Tottori gereist, genauer ans Arid Land Research Center der dortigen Universität, wo gestern ein Symposium über die Bedeutung traditionellen Wissens für nachhaltige Entwicklung in Afrika veranstaltet wurde.
Tottori liegt am Japanischen Meer und ist berühmt für seine riesigen, für Japan einzigartigen Sanddünen – denen, soweit ich weiß, auch dieses Forschungszentrum seine Existenz verdankt. Gesehen habe ich sie aber leider nicht (das Bild habe ich hier ausgeliehen), die Zeit war zu knapp, denn da Jakob und Thomas das erste Mal überhaupt in ihrer beider Leben für länger als ein paar Stunden ganz alleine miteinander waren, habe ich die Reise so straff wie möglich organisiert; morgens mit dem ersten Zug nach Tokyo, von wo (vom Flughafen Haneda aus) dann ein Flug nach Tottori ging, mit dem ich genau dreißig Minuten vor Beginn des Symposiums landete und per Taxi dann ganz genau rechtzeitig da war; abends war kein Fortkommen mehr möglich, erst am nächsten Morgen um 7 ging der Flug zurück, per Shinkansen war ich dann schon mittags wieder daheim - wo sich erstaunlicherweise in meiner Abwesenheit keinerlei Katastrophen ereignet hatten, sondern eitel Sonnenschein herrschte.
Das Symposium selbst war – gelinde gesagt – mäßig. Zwar waren es alles gestandene Professoren und Professorinnen, die vortrugen, inhaltlich war es auch ganz interessant, aber die Form ….! Bei eigentlich zwanzig Minuten Redezeit, auf deren Einhaltung der Organisator und Leiter der Veranstaltung aber nie pochte (wahrscheinlich weil er als Assistant professor den echten Professoren in der japanischen Rangordnung untertan ist und sich nicht herausnehmen kann, sie zeitlich zu maßregeln), machten manche erst mal eine 25minütige wolkige Einleitung, bei dem sie alles, was ohnehin schon auf ihrer Folie stand, noch drei- bis fünfmal mit ausführlichen Worten umschrieben, bevor sie zum eigentlichen Thema kamen, das dann aber auch nicht stringenter präsentiert wurde. Einer der Vortragenden, Professor an einer renommierten kulturwissenschaftlichen Universität, übersetzte sogar erst während des Symposiums seine ursprünglich auf Japanisch gemachte (obwohl des Symposium ausdrücklich als englischsprachig angekündigt war) Präsentation ins Englische – das Resultat war folgendes.


Ähm, tja...
Mein Vortrag war der einzige, der innerhalb der 20 Minuten blieb, hinterher sagte einer der alten Professoren (der übrigens hervorragend Deutsch sprach), das sei ja ein gutes Beispiel für die deutsche geographische Schule gewesen, very dense und organisiert. Bin mir nicht ganz sicher, ob das als Kompliment gemeint war. Als Ausklang ergriffen alle wichtigen Personen noch einmal das Wort und beteuerten, was für großartige Veranstaltung das gewesen sei und was für fantastische Vorträge und wichtige neue Aspekte blabla usw. usw. – war es mitnichten! Die Vorträge waren schlecht in der Form oder banal vom Inhalt her, es ist mir rätselhaft, wie man das so belobhudeln kann! Und das erstaunt mich um so mehr, als die Vortragenden wie auch die Kommentatoren allesamt kompetent, sachverständig und erfahren wirkten. Nun ja.
Direkt nach dem Symposium – was meine Pläne, noch wenigstens einen kurzen Ausflug zur Düne zu machen, leider vereitelte – ging es dann zur üblichen „dinnerparty“ in ein japanisches Restaurant, wo es ein ähnliches Essen gab wie neulich im Ryokan, ich aber alles tapfer bewältigte. Es war interessant, sich mit den anderen zu unterhalten, erstaunlicherweise sprachen sie fast alle nicht nur englisch, sondern forschungsbedingt auch französisch, und legten überhaupt eine für japanische Verhältnisse sehr seltene Weltoffen- und –erfahrenheit an den Tag. Interessant war auch, wie mit fortschreitender Zeit und steigendem Alkoholkonsum immer mal wieder der eine oder die andere zu einem kurzen Minutenschlaf einnickte, dann aber, bevor der Kopf auf die Tischplatte oder ins Bierglas zu sinken drohte, mit einem Ruck wieder zu sich kam und nahtlos ins aktuelle Tischgespräch einstieg.
Ich konnte mir das Einschlafen gerade noch so verkneifen, bis ich dann in meinem Hotelzimmer ins Bett sinken durfte.


Tottori im Morgengrauen, und der winzige Flughafen direkt am Meer mit dem einen Gate

Die ANA-Flotte auf ihrem Heimatflughafen Tokyo-Haneda.


Comments:
Science is not bud
Es hätte auch noch schlimmer sein können, wenn statt dem "d" da ein doppeltes "t" gestanden hätte.

Das ganze erinnert mich an einen Vortrag wo einer immer "angel" statt "angle" sagte, aber so hatte man wenigstens was zu lachen.
 
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