16 April 2006

 

Hinter den sieben Bergen: Furusato mura

Fährt man etwa ein Stunde in die Berge westlich von Kitakami, kommt man nach Tono, das angeblich eine der ländlichsten und ärmsten Kommunen Iwates ist - Iwate wird übrigens vom Rest Japans als "Tibet Japans" bezeichnet, was aber nicht etwa schmeichelhaft auf reiche Kultur oder althergebrachte Tradition anspielt, sondern schlichtweg rückständig und altmodisch bedeutet. So gesehen ist Tono wirklich die hinterletzte Ecke dieses Landes, was man ihm aber nicht ansieht. Vielmehr wirkt es authentisch und in sich ruhend, wozu die schöne Landschaft sicher ebenso beiträgt wie die zum Teil geradezu prächtigen Häuser, von denen noch fast jedes mit echten, schweren teilweise sogar glasierten Ziegeln gedeckt ist. Die machen eindeutig mehr her als die modernen Blech- und Plastikdächer der moderneren, auf sich so stolzen Städte.


Sogar die Klohäuschen sehen gut aus.






Und hier gibt es nun mehrere große Freilichtmuseen, die stolz die schönen traditionellen Bauernhäuser dieser Gegend sowie einen riesigen Fundus an traditionellem Handwerk und alten Geschichten präsentieren.
Eines davon, Furusato mura, haben wir mit Eva letzten Donnerstag besucht (die meisten Bilder - zum Vergrößern anklicken - stammen aber von einem Besuch im letzten Herbst).

Furusato mura ist das größte und schönste dieser Museen. Es ist als kleines Dorf angeordnet (man beachte die - typisch für Japan - zahlreichen Toiletten!), mit ein paar Reisfeldern und einem leise murmelnden Bach in der Mitte:

Hier einer der traditionell L-förmigen Höfe. Der linke Teil ist Stall und Lager, rechts wird gewohnt. Dazu kommt meist ein Speicher mit besonders massiven Lehmwänden, in dem alle kostbaren Besitztümer vor etwaigen Bränden sicher sind.


In der Eingangshalle findet sich stets ein gemauerter Herd, der immer brennen muß. Sein Rauch wird nicht nach draußen geleitet, sondern verteilt sich unter dem Reetdach, trocknet es und verhindert, daß es von Ungeziefer befallen und gefressen wird. Das kann aber ja wohl keine sehr gesunde Wohnatmosphäre sein. Im Wohnbereich wärmt man sich im Winter an einer großen offenen Feuerstelle, über der auch das Teewasser erhitzt wird.


Innen: Schöne große Tatamiräume und wunderbare alte Holzböden.


Sieht alles sehr schön aus, aber ist im Winter ziemlich ungemütlich.

Und das? Tja, entweder ein schwerer Fall von tierquälerischer Zoophilie, oder aber eine hier etwas drastisch verbildlichte, in der ganzen Region bekannte Sage, die von der schönen Tochter eines reichen Bauern handelt, die sich in ihr Pferd verliebte und es heiratete, worauf ihr Vater das Pferd an einem Maulbeerbaum aufhängte, das Mädchen aber in den Himmel aufstieg und sich dort auf ewig zu ihrem toten Liebhaber gesellte. Vielleicht ist das hier die Vertreibungsszene durch den Vater.


Und das:

Die berühmteste aller Sagenfiguren Iwates, der Kappa. Er wohnt in kleinen Tümpeln oder flachen Flüssen, sieht aus wie eine Mischung aus Frosch und Mensch, und man weiß nie so recht, ob er den Menschen wohlgesonnen ist oder ihnen Böses will. Wenn man einen trifft, so muß man ihn sicherheitshalber mit einer Verbeugung grüßen, dann muß er diesen Gruß erwidern. Dabei verschüttet er das Wasser, das er in einer kleinen Mulde auf dem Kopf hat und das sein Gehirn kühlt, und muß schnell wieder in seinen Tümpel zurück, um neues zu holen. So ist man in jedem Fall erst mal sicher vor ihm. Links wird er mit einem kleinen Schrein geehrt.

In der hintersten Ecke des Geländes weist ein kleines Tori auf noch einen anderen Schrein hin, schön versteckt. Man sieht auch gleich, warum:

Man beachte die zahlreichen Yen-Opfer in den Holzritzen. Japaner sind wirklich ein bißchen abergläubisch.


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