25 April 2007

 

China, Teil 2

Nun zurück zur Chinareise.
Sowohl Peking als auch Wuhan wirkten beim Landeanflug ja eher wie Ouagadougou im Abenddunst als wie chinesische Großstädte; die Landschaft sah aus wie eine mit Feldern und niedrigen Siedlungen durchsetzte Savanne, das ganze dann durch den für Westafrika in der Harmattanzeit typischen dicken gelben Staubschleier, kaum ein Unterschied (die beiden Flughäfen liegen ja auch sehr weit außerhalb der Städte). Vielleicht war ja auch das sich abends wieder anschleichende Fieber an dieser etwas verzerrten Wahrnehmung schuld. Aber es sah auf den ersten Blick alles recht vertraut aus.
War es aber nicht.
In Wuhan kam ich um viertel nach neun an, brauchte nur fünf Minuten aus dem Flugzeug raus und bis zum Taxistand, und brauchte dann bis um dreiviertel elf bis zum Hotel - so riesig ist die Stadt. Und ich dachte schon, ich komme nie hin, hatte die Hoteladresse nur in lateinischen Buchstaben auf meinem Zettel stehen, worüber der Fahrer nur empört den Kopf schüttelte (da lobe ich mir die japanische Höflichkeit - ein japanischer Fahrer hätte sich eine Million Mal entschuldigt und verbeugt und dann irgendwie den Weg ausfindig gemacht), zumal meine Aussprache wohl auch ungenügend war. Zum Glück gab's eine Art allgemeinen Taxi-Aufseher, der konnte dann meinen Zettel lesen und dem Fahrer sagen, wo er hinfahren sollte, bevor dieser mich wieder rausschmeißen konnte.
Dann ging es ewig weit auf einer zweispurig ausgebauten autobahnartigen Schnellstraße Richtung Stadt, und dann noch mal eine Stunde durch dieselbe, in der es überall volksfestartig brodelte. Natürlich war kein Volksfest, aber die japanischen Städte sind ja eher still abends, und alles spielt sich drinnen ab, nicht wie hier auf der Straße, deshalb kam es mir so vor.
Und was für ein Verkehr! Drei-, vier-, fünfspurige Autostraßen, alle rappelvoll, wildes Hupen allenthalben, dazwischen zahllose Motorräder und Räder, und gelassene Fußgänger, die ohne mit der Wimper zu zucken an jeder beliebigen Stelle über die Straße schlendern. Und trotzdem kein Chaos, alles fließt geschmeidig, mein Taxi fuhr auch sehr besonnen.
War ich froh, im Hotel zu sein; das Einchecken dauerte eine Weile, erstaunlicherweise konnte in diesem großen 4-Sterne-Hotel niemand englisch, aber zum Glück hatten die Veranstalter vorgesorgt und in allen Kongresshotels rund um die Uhr sehr gut englisch sprechende Studenten platziert, die einem dann bei wirklich allem behilflich waren.
Dann mußte ich ja noch meinen Vortrag ein bißchen üben, merkte dann, daß es schon nachts um eins und das Fieber wieder fast auf 38,5 geklettert war und ging ins Bett (ist das schön, ein aufgeräumtes großes Hotelzimmer, ohne eine Million Spielzeugautos, Kekskrümel, Windelpäckchen usw usw. Ich gestehe, Jakob in diesem Moment nicht vermißt zu haben).
Er mich inzwischen auch nicht mehr so sehr, wie ich am nächsten Morgen von Thomas am Telefon erfuhr; zwar war er nachts immer wieder wach, aber heulte nicht mehr dauernd nach mir; und das wurde in den nächsten Tagen auch noch viel besser, die beiden haben sich prima über meine Abwesenheit hinweggetröstet und hatten viel Spaß zusammen.
Hier der Blick aus dem Hotelfenster morgens, und aufs Hotel (zum Vergrößern Bilder anklicken):

Und auf die vertrocknete Lilie im Bad - ich dachte "hm, ein bißchen verwelkt, aber immerhin, eine echte Blume, schön"; war aber eine verwelkte Plastikblume, das muß man erstmal hinkriegen! Die Chinesen sind halt unschlagbar.

Der eine volle Tag, den ich dann auf der Konferenz verbracht habe, hat sich dann wirklich gelohnt, ich habe jede Menge Leute vom letzten Mal getroffen, aber auch jede Menge neue, mit denen sich inhaltlich eine Zusammenarbeit oder zumindest eine Austausch aufbauen ließe mit unserem botanischen-Garten-Projekt in Benin. Neue Finanzierungsmöglichkeiten tun sich auf, und allerhand interessante andere Aspekte. Und nicht zuletzt war ich mit meinem Vortrag ausnahmsweise mal zufrieden und habe vor allem diesmal nicht zu schnell gesprochen.
Auf den Fahrten vom und zum Hotel und dann am nächsten Mittag wieder zum Flughafen konnte ich auch jede Menge von Wuhan sehen: Bombastisch riesige Neubauviertel, die überall wie Pilzfamilien aus dem Boden schießen: stille Seeuferecken (der Jangtse vereinigt sich in Wuhan mit einem anderen großen Fluß, die halbe Stadt besteht aus Wasser); beschauliche Straßenszenen, gemütliche alte Stadtviertel. Es fällt schwer, von der Dynamik, mit der dieses Land vorwärts strebt, nicht beeindruckt, ja sogar fasziniert zu sein, obwohl mich ja China eigentlich nicht besonders interessiert.


Die Flughafenstraße: Viel los ist nicht, aber gekehrt wird sie ordentlich. Alle paar Kilometer war eine Straßenkehrerin zugange. Rechts das neue Teminal.
Im Flughafen ging es ratzfatz, obwohl ein riesiges Gewühl war. Und überall standen diese roboterähnlichen Dinger herum, ich habe nicht die geringste Ahnung, wozu:

Am Nachmittag war ich dann in Peking, quartierte mich im Flughafenhotel ein, und konnte dann durch eine wunderbare Fügung des Reisegottes noch diese drei Jungs hier treffen, der eine oder andere Leser wird sie noch kennen:
Jens, Andreas und Christoph aus alten Frankfurter Zeiten, die beiden ersteren wohnten im gleichen Haus wie ich (U21), Christoph arbeitete auch im Afrika-SFB. Mittlerweile hat es sie nach Sydney, Köln und Barbados verschlagen, und sie waren gerade auf dem Sprung, von Peking aus mit der neuen Eisenbahn nach Lhasa in Tibet zu fahren.

Wir waren dann in einem der Hotelrestaurants sehr unauthentisch Japanisch essen.
Mit diesem Flugzeug landete ich dann am nächsten Mittag wieder in Tokyo, was mir doch sehr heimatlich und vertraut vorkam - und jetzt merkte ich auch endlich mal, daß ich doch schon eine ganze Menge Japanisch verstehe; ich konnte mich relativ problemlos mit meinen japanischen Nachbarinnen im Flugzeug unterhalten. Und nach der ganzen Fliegerei (dank Atmosfair mit gutem Umweltgewissen), waren die letzten drei Stunden mit dem Shinkansen (diesmal sitzend) ein Klacks, mit einigen dramatisch schönen Ausblicken unterwegs. Und ich möchte auch das weltpraktischste Waschbecken nicht unerwähnt lassen: Seife, Wasser und Trockenluft, vollautomatisch gesteuert, alles in einem Becken. Japan halt!

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